Die Feuerprobe
Wenn die Harmonie zerbricht
Es war so schön mit dir. Ich war so glücklich. Alles war so einfach zwischen uns. Wir haben uns auf Händen getragen. Uns die Sterne vom Himmel zu Füßen gelegt. Ich wollte dir gerade einen neuen pflücken. War kurz davor.
Aber dann: Hast du’s versaut…!
Der Kampf um Recht und Schuld
Wenn aus Liebespartnern Gegner werden, dann ist das oft nicht schön mitanzusehen. Aus scheinbaren Nichtigkeiten heraus brechen Konflikte hervor, die zum Teil bizarre Formen annehmen. Ein Kampf bis auf’s Blut entbrennt, in dem es offenbar nur einen Sieger geben kann. Einigkeit gibt es nur in diesem einen Punkt: Der Sieger, das bist am Ende: Nicht du!
Vielleicht wäre es klug, zu fragen: Was genau ist eigentlich los? Worum geht es eigentlich genau? Vielleicht würde diese Frage helfen, den Konflikt zu lösen. Aber leider steckt hinter dem, was als Konflikt offensichtlich ist, häufig ein gehöriges Durcheinander aus unerfüllten Bedürfnissen, aus oft lang unterdrückten Gefühlen und zum Teil sehr alten Erfahrungen, Überzeugungen und Schmerzkontrollstrategien.
Das alles macht die Antwort auf ein „Was ist denn eigentlich los?“ in aller Regel ziemlich kompliziert. Einfacher ist die Frage: Wer hat Recht und wer ist Schuld? Denn die Antwort auf diese Frage kennen wir bereits:
Recht habe ich.
Und Schuld hast du.
Sehnsucht nach Harmonie
So absurd es uns auf den ersten Blick auch erscheinen mag: Die Grundlage jedes Konflikts ist das Streben nach Harmonie.
Intuitiv glauben wir, es sei der Konflikt, an dem die Harmonie zerbricht. Das ist eine verständliche Täuschung, denn erst durch das Ausbrechen des Kampfes wird unübersehbar deutlich, dass etwas zwischen diesen beiden Menschen ganz und gar nicht in Ordnung ist.
Wir übersetzen „nicht in Ordnung“ oft mit „falsch“. Ich meine diesen Ausdruck hier im Wortsinne: Etwas ist nicht richtig eingeordnet. Etwas, das dazu gehört, hat nicht oder noch nicht den richtigen Platz. Und ist darum also: nicht „in Ordnung“.
Hinter all dem, was nach außen wie ein Kampf aussieht und ausgetragen wird, stehen menschliche Bedürfnisse, Sehnsüchte und Wünsche. So, wie sie sich uns im Moment zeigen, scheinen diese Bedürfnisse miteinander unvereinbar zu sein.
Du musst mit deinen Wünschen oder Bedürfnissen zurück treten, damit ich mir die meinen erfüllen kann. Die einzig sichtbare Alternative ist natürlich, dass ich mit meinen Bedürfnissen und Wünschen zurücktrete. Aber wir beide wissen, dass das für mich keine Option ist.
Im Grunde wollen beide Partner das gleiche: Sie wollen, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse einen Platz haben in der Ordnung ihrer gemeinsamen Beziehung. Nur leider haben bislang viele Menschen in unserer Kultur zu ihren eigenen Bedürfnissen kaum Kontakt. Stattdessen argumentieren sie mit „berechtigten“ Erwartungen oder Ansprüchen an den anderen. Sie verstricken sich in Litaneien aus Begründungen, warum der andere eben diese zu erfüllen hat. Worauf der andere Partner intuitiv mit Verteidigung und Rechtfertigung reagiert.
Erwartungen und Ansprüche sind Insignien der Macht. Sie teilen das, was vorher Liebe war, in einen Teil, der Ansprüche formuliert und einen anderen, der sie zu bedienen hat. Die Rolle des entmachteten Erwartungs-Erfüllers allerdings nimmt niemand freiwillig auf Dauer an, ohne heimlich bereits auf Revanche zu sinnen. Diese Schlacht magst du gewonnen haben. Aber warte nur ab: Ich werde dir schon zeigen, was du davon haben wirst!
Die Feuerprobe
Wenn wir erkennen, dass unsere Bedürfnisse in unserer aktuellen Beziehung unerfüllt sind und voraussichtlich bleiben, dann führt dies unvermeidlich zu einem Bruch der Harmonie. Wir können unsere Bedürfnisse unterdrücken (viele Menschen haben viel Erfahrung und Übung genau darin), aber heimlich, still und leise werden wir unseren Beziehungspartner dafür innerlich verurteilen. Je nachdem, wie groß und drängend die unerfüllten Bedürfnisse und Wünsche in uns sind, führt dies zu subtilen Ressentiments oder offen ausgelebter Verachtung. Die Liebe stirbt dabei. Aber immerhin erhalten wir uns dadurch die Illusion der Kontrolle über den anderen und die Situation.
Oder aber wir treten für unsere Bedürfnisse ein. Das ist die andere Wahl. Diese Option jedoch ist riskant. Denn es kann sein, dass unser Partner uns die Erfüllung unserer Wünsche versagt. Schlimmer noch: Dass er oder sie uns (oft aus Angst oder Unsicherheit heraus) unsere Bedürfnisse und Wünsche als ungerechtfertigt oder anmaßend definiert. Vielleicht müssen wir erkennen, dass innerhalb unserer aktuellen „Liebes“-Beziehung diese Wünsche niemals Erfüllung finden werden. Andererseits ist dieses Risiko der einzige Weg, um aus einem bisherigen Du-Oder-Ich möglicherweise ein gemeinsames Sowohl-Als-Auch zu machen.
Das ist die Feuerprobe.
In der Feuerprobe entscheidet sich, ob die Beziehung, die wir führen, bereit ist für ein neues, tieferes Level der Verbundenheit und Partnerschaft. Oder ob das Eintreten für meine Wünsche der Anfang ist vom Ende des gemeinsamen Wegs.
In der Feuerprobe geben wir alle Kontrolle über unseren Partner auf. Wir gewinnen möglicherweise partnerschaftliche Tiefe, wie wir sie vorher nie erfahren haben. Oder aber wir „gewinnen“ die Chance auf einen mit großen Schmerzen und Ängsten verbundenen Neuanfang.
In den Feuerproben der Liebe können wir nur hoffen, dass unsere Wahl eine weise sein wird.
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